Unter Berufung auf ein geleaktes EU-Dokument berichtet das US-Magazin Wired, dass sich Spanien und andere Länder für ein Verschlüsselungsverbot in der Europäischen Union einsetzen, um die Verbreitung von kinderpornografischem Material einzudämmen.
Verschlüsselung, sei es in Messaging-Apps, E-Mails oder anderen Formen der Kommunikation, ist immer ein zweischneidiges Schwert. Zwar bietet sie Benutzern ein angemessenes Maß an Privatsphäre, hilft aber auch Kriminellen dabei, im Geheimen zu kommunizieren. Geht man jedoch dagegen vor, bleibt die Privatsphäre auf der Strecke.
Weiter verkompliziert wird die Situation dadurch, dass Unternehmen zumindest öffentlich erklären, dass Verschlüsselung auch ihnen selbst den Zugriff auf Unterhaltungen zwischen ihren Nutzern unmöglich macht. Aus dem geleakten und von Wired veröffentlichten Dokument geht hervor, dass 20 EU-Mitglieder für einen Mittelweg plädieren.
So sollen die Unternehmen selbst kontrollieren, was ihre Nutzer teilen. Doch müssten sie dafür ihre eigene Verschlüsselung brechen. Jede Behauptung hinsichtlich der vermeintlichen Nichtzugänglichkeit von Kundenkommunikation wäre damit wertlos.
Andere Länder bevorzugen einen direkteren Ansatz und fordern die Möglichkeit, Verschlüsselung durch gerichtliche Anordnung zu umgehen. Die Positionen der einzelnen Länder bewegen sich zum Teil sehr weit auseinander, wobei Spanien sich hier besonders extrem zeigt und den Einsatz von Verschlüsselung ganz abschaffen will.
„Erstens kann der Internetdienstanbieter in vielen Fällen auf verschlüsselte Daten zugreifen“, so die spanische Regierung. „Dadurch könnte der Anbieter in der Lage sein, das verschlüsselte kinderpornografische Material zu entschlüsseln.“
„Zweitens könnten Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den verschlüsselten Materialien anfordern. Weigert sich der Internetdienstanbieter, diesen Zugang zu gewähren, könnte die Strafverfolgungsbehörde eine gerichtliche Anordnung vorlegen, um Zugang zu den verschlüsselten Daten zu erhalten.“
„Wird eine gerichtliche Anordnung erlassen, könnte das verschlüsselte Material entschlüsselt werden. Idealerweise wäre es aus unserer Sicht aber wünschenswert, wenn Diensteanbietern aus der EU auf dem Gesetzesweg untersagt würde, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anzubieten“, so Spanien weiter.
Die Vertreter der Länder nahmen auch Stellung zu möglichen unmittelbaren Auswirkungen eines Wegfalls von Verschlüsselung. Die zu untersuchende Datenmenge sei einfach zu groß, um eine sinnvolle Prüfung zu gewährleisten.
Die Zukunft der Verschlüsselung in der EU bleibt zunächst ungewiss, auch weil andere Länder den hohen Preis des Eingriffs in die Privatsphäre nicht akzeptieren wollen. Man ist sich längst nicht einig, doch letztendlich wird es zu einer Entscheidung kommen. Die EU wird sich in Sachen Verschlüsselung bewegen. Es wird sich jedoch noch zeigen müssen, ob sie geschwächt oder sogar gestärkt wird.
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