Leben in der Pandemie: Haben Gedächtnis und Aufmerksamkeit gelitten?

Die anhaltende Gesundheitskrise hat schon viel Schaden angerichtet, sei es in der realen oder virtuellen Welt, und dabei Erwachsene und Kinder gleichermaßen getroffen.

Heute, gut zwei Jahre nach Beginn der Pandemie und der damit einhergehenden Zunahme an Online-Aktivtäten, möchten wir untersuchen, wie sich dieser Wandel auf Gedächtnis und Aufmerksamkeitsspanne ausgewirkt hat.

Das Internet lässt sich aus unserem Alltag nicht mehr wegdenken und immer mehr Menschen nutzen es, um sich auszutauschen, in Kontakt zu bleiben oder soziale Anerkennung auf verschiedensten Ebenen zu erlangen.

Diese ununterbrochene Vernetzung, die durch die zunehmende Nutzung unserer intelligenten Geräte im Taschenformat weiter vorangetrieben wird, hat viele positive Effekte auf unser Leben. Es steht jedoch auch fest, dass das Internet sich auf unser Gedächtnis und unsere Aufmerksamkeit auswirken kann.

Leiden Gedächtnis und Aufmerksamkeit unter verstärkter digitaler Aktivität?

Nansi Lungu, Verhaltensanalytiker bei Bitdefender, weist darauf hin, dass Vergesslichkeit durchaus normal ist und betont sogar ihren positiven Effekt.

„Es ist normal, dass wir vergessen“, so Nansi. „Das ist nicht nur ein ganz natürlicher Prozess, sondern auch wichtig für unsere Gesundheit. Natürlich vergisst unser Gehirn ständig, und das ist auch gut so, denn so strukturiert es Informationen so um, dass nur die wesentlichen Informationen übrig bleiben.“

Es ist kein Problem, wenn wir hin und wieder etwas vergessen, und laut Nansi sollte das auch niemanden beunruhigen, solange es ihren Alltag nicht beeinträchtigt. Im Allgemeinen sind Gedächtnisprobleme nicht schwerwiegend genug, um als kognitives Problem eingestuft zu werden. Menschen, die sich Sorgen wegen ihres Gedächtnisses machen, können es jederzeit durch Training verbessern.

Die beste Nachricht: Sie müssen sich dafür nicht einmal anstrengen, denn schon ein guter Schlaf hilft dem Gedächtnis. Neue Informationen können so verarbeitet und für die Zukunft gefestigt werden.

Das Internet beeinträchtigt unsere Aufmerksamkeitsspanne und unser Gedächtnis unter anderem durch übermäßiges Multitasking mit verschiedensten Medien. Wir können uns nicht mehr über längere Zeiträume konzentrieren und haben auch weniger Bedarf Wissen intern zu speichern, weil Informationen immer und überall verfügbar sind.

„Das Problem mit dem Internet in Bezug auf Gedächtnis und Aufmerksamkeit, liegt darin, dass es uns in einen Multi-Tasking-Bereich führt, der uns auch dann fordert, wenn die Informationen nicht wirklich wichtig sind“, erklärt Nansi.

Unser Gerhin tut sich schwer damit, Informationen aus unterschiedlichen Kontexten und Quellen ausreichend schnell zu verarbeiten und mit bestehendem Wissen zu verknüpfen.

„Die Qualität der Informationen, die wir bei diesen Tätigkeiten speichern, ist nur sehr gering. Wir können diesen Erinnerungen also nicht nur schwer abrufen, die Geschwindigkeit, mit der wir sie aufnehmen, signalisiert unserem Gehirn von vornherein, dass sie nicht besonders wichtig sind. Unter diesem Multitasking leidet die Qualität des Gedächtnisses, unsere Aufmerksamkeit und auch die Fähigkeit, sich auf bestimmte Themen wirklich konzentrieren zu können.“

Mehr Bildschirmzeit bei Kindern und Jugendlichen

Kinder und Jugendliche nutzen das Internet besonders intensiv. Sie wachsen mit intelligenten Geräte auf und sind im digitalen Multitasking daher besonders versiert. Laut einer aktuellen Studie geben 95 % der Jugendlichen in den USA an, dass sie Zugang zu einem Smartphone haben. 45 % nutzen das Internet fast ununterbrochen. Sie verbringen den größten Teil ihrer Freizeit in sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram oder Facebook, konsumieren Videos und sind dabei einem konstanten Bombardement aus Informationen ausgesetzt. Kinder und Jugendliche tun sich schwerer damit, die richtige Balance zwischen Bildschirmzeit und Offline-Aktivitäten zu finden, insbesondere während der Pandemie.

Junge Menschen waren von den Einschränkungen durch die Pandemie emotional stärker betroffen als Erwachsene.

„Unser Gehirn ist flexibler als wir denken, aber ich glaube, dass junge Menschen stärker betroffen sind als Erwachsene“, so der Experte. „Erwachsene haben Lebenserfahrung, sie wissen, was sie sich zumuten können und wann sie aufhören müssen. Sie sind vielleicht nicht die glücklichsten Menschen der Welt, aber sie treffen die richtige Balance. Für junge Menschen gilt das nicht.“

Trotz der negativen Auswirkungen der Pandemie, einschließlich des Mangels an sozialer Interaktion, sieht Nansi durchaus auch einen positiven Effekt auf das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit von Kindern.

„Kinder, die an Online-Unterricht teilnehmen, schlafen auch länger“, führt er aus. „Und Schlaf ist die wichtigste und einfachste biologische Komponente, die man selbst steuern kann. Wer sich nicht ausruht, kann sich nicht konzentrieren und darunter leidet das Gedächtnis.“

Nansi empfiehlt, die übermäßige Bildschirmzeit von Kindern zugunsten intellektuell anspruchsvollerer Aktivitäten zu begrenzen, um negative Auswirkungen zu reduzieren. Er schlägt außerdem vor, körperliche und kreative Aktivitäten zu fördern, die kein Internet erfordern, damit Kinder und Eltern abschalten und sich entspannen können.

Das Internet ist heute Teil unseres Alltags und oft das wichtigste Mittel, um sich auszutauschen und mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben. Die Vorteile und Annehmlichkeiten des digitalen Zeitalters lassen sich nicht von der Hand weisen, aber die Fähigkeit, Technologie in Maßen zu nutzen, ist heute für ein gesundes, bedeutungsvolles und ausgewogenes Lebens unerlässlich.